<106> unterhalten, die durch einen Domherrn Giannini gehen sollte. Mittlerweile lief aus Frankfurt am Main die Nachricht ein, daß der Kurfürst von Bayern, den man Karl VII. nannte, gewählt und gekrönt worden sei.

Indes blieb der Wiener Hof nicht müßig. War er auch eifrig im Unterhandeln, so unterließ er es doch nicht, alle Kräfte aufzubieten, um sich mit Waffengewalt all seiner Bedränger und Feinde zu entledigen. In Ungarn wurden 15 000 Mann regulärer Truppen ausgehoben, außerdem wurde die Insurrektion1 ausgeschrieben, die etwa 40 000 Mann liefern konnte. Man hatte die Absicht, zwei Armeekorps daraus zu formieren. Das eine sollte über Hradisch in Mähren eindringen, das andre über den Jablunkapaß gehen und dem preußischen Heere in Oberschlesien in den Rücken fallen, während Prinz Karl von Lothringen aus Böhmen vorrücken sollte, um die Truppen des Königs in der Front zu fassen. Der hatte nur die Hälfte der Streitkräfte, die in Oberschlesien überwinterten, mitgenommen; es waren 15 000 Mann, mit denen er bei Trebitsch zu den Franzosen und Sachsen stieß. Ein andres Korps besetzte auf seinen Befehl Wischau, Hradisch, Kremsier und die ungarische Grenze, um seine Operationen zu decken.

Durch die Langsamkeit und die Widerwilligkeit der Sachsen gingen bei dieser Unternehmung Tage und Wochen verloren, was dem Fortgang der Sache sehr schadete. Ein einziges Beispiel möge zum Beweise dafür dienen. Budischau ist ein reiches und schön eingerichtetes Lusthaus, im Besitz eines Grafen Paar. Dieses Quartier hatte man aus Höflichkeit den Sachsen zugewiesen. Graf Rutowski und der Ritter von Sachsen fühlten sich darin so wohl, daß man ihre Truppen nicht vom Fleck bringen konnte. Sie blieben drei Tage dort. Infolge dieser Verzögerung gewann Fürst Lobkowitz Zeit, seine Magazine aus Iglau wegzuschaffen und sich beim Anmarsch der Verbündeten auf Wittingau zurückzuziehen. Die Sachsen besetzten Iglau, aber es war unmöglich, sie zum Vorrücken gegen die Thaya oder auf Horn in Österreich zu bewegen. So geht es gewöhnlich bei Generalen, die Hilfstruppen befehligen. Weil Gehorsam und Pünktlichkeit fehlen, mißlingen alle Pläne. Die Sachsen, die an diesem Zuge das meiste Interesse hatten, zeigten dabei just die größte Widerspenstigkeit und die größte Hinterlist, um ihn zum Scheitern zu bringen.

Diese unerwarteten Hindernisse zwangen den König, seine Dispositionen völlig zu ändern. Er gab den Sachsen Quartiere nahe an der böhmischen Grenze, und die Preußen besetzten die Ufer der Thaya von Znaim bis Göding, einer kleinen Stadt an der ungarischen Grenze. Bald darauf ging ein Korps von 5 000 Mann aus Znaim ab und fiel in Oberösterreich ein. Schrecken verbreitete sich bis an die Tore von Wien. Augenblicklich rief der Hof 10 000 Mann aus Bayern zur Rettung der Hauptstadt herbei. Die Zietenschen Husaren drangen schon bis Stockerau vor, das nur eine Poststation von Wien entfernt liegt. Dieser Einfall war für die Truppen sehr vorteilhaft,


1 Das Aufgebot der irregulären Truppen.